Aus welchen Baumarten bestehen die Alleen?

Mittlerweile konnten in NRW rund 90 verschiedene Alleebaumarten verzeichnet werden. Der am häufigsten anzutreffende und somit beliebteste Alleebaum in NRW ist die Linde (in 35 % aller Alleen vorhanden). Dann erst folgen Ahornalleen (20 %), gefolgt von Eichenalleen (14 %) und Platanenalleen (12 %). Des Weiteren trifft man häufig auf die folgenden Alleebaumarten: Kastanie (6 %), Birke (5 %) und Esche (5 %). Vornehmlich in den Städten finden sich aber auch exotische Alleen mit Baumarten aus allen Teilen der Erde. So etwa die Baumhasel (Corylus colurna) aus Osteuropa und Kleinasien, den Ginkgo (Ginkgo biloba) aus Ostchina und Japan, den Amberbaum (Liquidambar styraciflua) aus dem Südosten der USA oder die Robinie (Robinia pseudoacacia) aus Nordamerika.

Mittlerweile gibt es für rund 83 % der im Alleenkataster NRW verzeichneten Alleen eine Angabe zu den beteiligten Baumarten. Ergänzungen zu Alleen, bei denen die Baumart bislang noch nicht bekannt ist, werden gerne vom LANUV entgegengenommen.

Die wichtigsten Alleebaumarten im Detail

Die Linde ist der am weitesten verbreitete Alleebaum in NRW. Mehr als jede dritte Allee wird aus Linden aufgebaut (35 %). Linden kommen sowohl im Siedlungsbereich als auch in der freien Landschaft vor. Die beiden einheimischen Arten Winterlinde (Tilia cordata) und Sommerlinde (Tilia platyphyllos) kommen, zumindest als reine Art, eher selten vor. Vielmehr handelt es sich bei den gepflanzten Straßenbäumen in der Regel um gärtnerisch bearbeitete Sorten, von denen es mittlerweile sehr viele gibt. Diese Sorten sind selbst für Fachleute im Gelände nur schwer anzusprechen.

Um diesbezüglich verlässliche Angaben machen zu können, benötigt man in der Regel Einblick in ein Baumkataster. Dies trifft übrigens auch auf sehr alte Lindenalleen zu, da die gärtnerische Bearbeitung der Linde als Straßenbaum bereits eine sehr lange Tradition hat. Sehr beliebt als Straßenbaum war und ist die Holländische Linde (Tilia x europaea/ x vulgaris), ein Hybrid zwischen den oben genannten Arten Tilia cordata und T. platyphyllos.

Der zweitbeliebteste Alleebaum in NRW ist der Ahorn; jede fünfte Allee besteht aus Ahornbäumen. Allen voran sind hier der Spitzahorn (Acer platanoides) und der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) zu nennen. Ebenso wie von der Linde gibt es vom Spitz- und Bergahorn zahlreiche Sorten, die insbesondere in den Städten gepflanzt werden. Der Feldahorn (Acer campestre) kommt deutlich seltener als Alleebaum vor. Häufig ist er in Alleen mit anderer Baumartendominanz als Nebenbaumart beigemischt. Vermutlich wird der Feldahorn selten als Alleebaum genutzt, da er einen niedrigen Kronenansatz besitzt und somit für das erforderliche Lichtraumprofil der Straße, also der Raum, der benötigt wird, damit PKW und LKW unbeschadet die Straße passieren können, kaum geeignet ist. Daher findet man reine Feldahornalleen nur selten und dann nur an untergeordneten, kleinen Straßen. Besonders imposant dagegen sind Alleen aus dem 20-30 m hoch und bis zu 20 m breit werdenden Silberahorn (Acer saccharinum). Silberahornalleen finden sich vermehrt im Ruhrgebiet. Ähnlich wie die Platane benötigen sie viel Platz; dennoch werden sie auch heute noch immer neu angepflanzt. Das ist insofern überraschend, da in den letzten Jahrzehnten vermehrt Kleinbäume in den eher schmalen städtischen Straßen gepflanzt werden.

Knapp 14 % der nordrhein-westfälischen Alleen sind aus Eichen aufgebaut. Neben der heimischen Stieleiche (Quercus robur) und seltener der Traubeneiche (Quercus petraea) kommen auch verschiedene fremdländische Arten, wie die Amerikanische Roteiche, Zerreiche, Sumpfeiche oder Scharlacheiche vor. Besonders die Stieleiche ist durchweg als Alleebaum im nordrhein-westfälischen Flachland verbreitet. Als anspruchsvoller Waldbaum, der gärtnerisch kaum bearbeitet wurde (Ausnahme: Säulen-Eiche (Quercus robur `Fastigiata´), verwundert es nicht, dass sie eher in der freien Landschaft als in der Stadt zu finden ist. Dagegen sind die exotischen Eichenarten in der Regel in den Städten zu beobachten; häufig handelt es sich hierbei auch um verhältnismäßig junge Anpflanzungen. Eine Ausnahme hierbei bildet die AmerikanischeRoteiche. Neben ihrer Schnellwüchsigkeit ist sie auch für ihre Salztoleranz (Tausalz!) bekannt. In Nordrhein-Westfalen hat sie ihren Verbreitungsschwerpunkt an den klassifizierten Überlandstraßen, also Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen am Niederrhein (Kreise Wesel und Kleve).

Verbreitung der Stieleichenalleen in NRW

Verbreitungskarte der Stieleiche in NRW

Verbreitung der Roteichenalleen in NRW

Verbreitungskarte der Roteiche in NRW

Platanen (Platanus x acerifolia) haben in Nordrhein-Westfalen ein ungleichmäßiges Verteilungsmuster. Im ländlichen Raum existieren nur wenige Platanenalleen, ganz anders sieht die Situation aber im Ballungsraum Ruhrgebiet aus. Insbesondere in den Städten Duisburg, Oberhausen, Bottrop, Gelsenkirchen und Bochum stellen Platanen sogar die dominierende Baumart der Alleen dar. In Oberhausen etwa sind 60 % aller Alleen aus Platanen aufgebaut. Die Platanen im Ruhrgebiet kann man als Relikt der dortigen schwerindustriellen Geschichte betrachten, da die Platane eine der wenigen Baumarten war, die widerstandsfähig genug war, den damaligen widrigen Lebensbedingungen (Rauch und Ruß!) zu trotzen. Viele dieser imposanten, zum Teil 100 Jahre alten Platanenalleen sind aber heute mit dem Pilz Massaria befallen. Dieser Pilz lässt Äste in kurzer Zeit absterben, so dass der dadurch hervorgerufene Astbruch eine Verkehrsgefährdung darstellen kann. Dementsprechend müssen Platanen deutlich häufiger als andere Baumarten auf ihre Verkehrssicherheit überprüft und bei gegebenem Anlass Äste entfernt oder sogar ganze Bäume gefällt werden. Aus diesem Grund und auch, weil heute in den Städten bevorzugt Kleinbäume gepflanzt werden (die Platane ist als „Großbaum“ zu bezeichnen), bleibt abzuwarten, ob sich die Platane auch weiterhin als Charakterbaum des Ruhrgebietes behaupten kann.

Verbreitung der Platanenalleen in NRW

Verbreitung der Platanenalleen in NRW

Neben der Platane gibt es seit geraumer Zeit auch weitere fremdländische Gehölze, die ihren Verbreitungsschwerpunkt im Ruhrgebiet haben. Hier stechen insbesondere Duisburg und Dortmund mit besonders hohem Anteil von Baumhasel (Corylus colurna), Amberbaum (Liquidambar styraciflua) oder Ginkgo (Ginkgo biloba) hervor. So ist in Dortmund die Baumhasel mittlerweile an jeder achten Allee beteiligt. Alleen aus diesen Baumarten sind in der Regel nicht älter als 20-30 Jahre, häufig deutlich jünger. Alle diese Arten sind als stadtklimafest (rauch-, hitze- und trockenheitsbeständig) zu bezeichnen und zeigen sich bislang recht resistent gegenüber Krankheiten. Nur beim Ginkgo gibt es Schwierigkeiten: Der Ginkgo ist zweihäusig, das bedeutet, dass es rein weibliche und rein männliche Bäume gibt. Den jungen Bäumen kann man, wenn sie gepflanzt werden, allerdings ihr Geschlecht noch nicht ansehen. Wenn dann im Alter die weiblichen Bäume ihre sehr zahlreichen mirabellenartigen Früchte abwerfen, kommt es wegen der darin enthaltenen Buttersäure zu starken Geruchsbelästigungen. Häufig werden die weiblichen Bäume dann gefällt. Mittlerweile kann das Geschlecht beim Ginkgo aber genetisch bestimmt werden, so dass in Zukunft wohl nur noch rein männliche Ginkgoalleen angepflanzt werden.

Verbreitung der Baumhasel-, Ginkgo- und Amberbaumalleen in NRW

 Verbreitung der Baumhasel-, Ginkgo- und Amberbaumalleen in NRW

Eine ähnliche Verbreitung wie Baumhasel-, Gingko- und Amberbaumalleen hat die Robinie. Man kann diese ursprünglich in Nordamerika heimische Baumart in der gesamten Rhein-Ruhr-Schiene regelmäßig auffinden. In der freien Landschaft kommt die Art eher selten vor. In den Städten wird die Robinie auch als Kugel-Robinie (Robinia pseudoacacia `Umbraculifera´) oder in diversen anderen Sorten gepflanzt.

Verbreitung der Robinienalleen in NRW

Verbreitung der Robinienalleen in NRW

Die Weißblühende Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) ist grundsätzlich ein sehr beliebter Alleebaum und eine der ersten in Deutschland eingeführten Alleebaumarten überhaupt. Allerdings haben es sowohl die Weißblühende als auch die Rotblühende Rosskastanie (Aesculus x carnea) in den letzten Jahren nicht leicht gehabt. Seit den 1990er Jahren hat die Kastanienminiermotte die Kastanien geschwächt. Der Befall führt zu einem Laubabfall bereits im Sommer, so dass die Bäume wegen der geringeren Nährstoffbildung geschwächt werden; sie sterben jedoch i.d.R. nicht ab. Problematischer ist der seit wenigen Jahren vermehrt auftretende Befall der Kastanien mit dem Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi. Innerhalb kurzer Zeiträume werden die Bäume so stark geschädigt, dass sie unter Umständen eine Verkehrsgefährdung darstellen können; häufig werden sie daher gefällt. Vergleichbar mit dem „Ulmensterben“ im 20. Jahrhundert wird nun auch schon vom „Kastaniensterben“ gesprochen. Inwieweit sich die Kastanien in Nordrhein-Westfalen behaupten können (zurzeit ca. 6 % des Alleenbestandes), bleibt daher abzuwarten.

Verbreitung der Kastanienalleen in NRW

Verbreitung der Kastanienalleen in NRW

Landesweit nehmen Obstbäume (mit Ausnahme des Hellwegs) heute keinen relevanten Anteil an den Alleebäumen ein.

Es gab aber auch andere Zeiten: Auf dem Höhepunkt des Straßenobstbaus im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Anteil der Obstbäume auf rund ein Drittel des gesamten Straßenbaumbestandes in Deutschland geschätzt. Auf guten Böden wurde der Obstanbau propagiert, während auf schlechteren Standorten Waldbaumarten zur Nutz- oder Brennholzgewinnung vorgezogen wurden. Die Bevölkerung konnte sich gegen ein kleines Entgelt die Erlaubnis einholen, Straßenobst zu ernten oder Fallobst gar kostenlos zu sammeln.

Nach dem 2. Weltkrieg ging die Bedeutung des Straßenobstbaus deutlich zurück. Verschiedene Gründe führten zu wesentlichen Änderungen bei der Straßenbegrünung: Die Gefährdung durch Fallobst oder Erntetätigkeiten bei wachsendem Verkehrsaufkommen, eine Schädigung der Obstbestände durch starke Fahrtwinde von Großfahrzeugen, Schadstoffeinträge sowie das preiswert produzierte Plantagenobst in hoher gleichbleibender Qualität. Diese Entwicklung gipfelte ab 1950 in Rodungsprämien, welche aus Bundesmitteln mitfinanziert wurden. Als Folge sind heute Obstbäume in ganz Westdeutschland an klassifizierten, also Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen weitgehend verschwunden. Die umfangreichen Rodungen waren übrigens insbesondere bei der ärmeren Bevölkerungsschicht sowie den Straßenwärtern äußerst unbeliebt, schließlich handelte es sich beim Straßenobstanbau um eine alte, liebgewonnene Tradition. (Toetz, Dr. Petra, 2008 und Thomas, M., 1999)

Heute finden sich Obstbaumbestände fast nur noch an untergeordneten Straßen oder Wegen. Erfreulicherweise werden sie in manchen Gegenden auch wieder vermehrt nachgepflanzt.